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Heute wird gestritten! Und zwar zwischen der Soziologie und der Technik oder irgendwie so …
Technik und Gesellschaft – in welcher Beziehung stehen sie zueinander? Gesellschaften für Technik produzieren Technik für die Gesellschaft. Einer, der diese verzwickte Verzahnung zu beschreiben versuchte, war der berühmte Soziologe Niklas Luhmann (1927-1998). Doch seine Lektüre produziert oft Gesprächsbedarf. Am SoWi-Stammtisch unterhalten sich in dieser Folge zwei alte Bekannte aus früheren Folgen: die Wissenschaftsblogger Klaus Kusanowsky und Frank Wunderlich-Pfeifer. Einer steht für die Soziologie, der andere für Naturwissenschaft und Technik. Da Moderator Thomas diesmal ausfiel, versuchte René die streitbaren Gäste alleine zu wuppen – vergeblich und es kam zu einem handfesten Streit …
Niklas Luhmann definierte Technik wie folgt:
Technik soll im folgenden als funktionierende Simplifikation kausaler Zusammenhänge verstanden werden. Das bedeutet, daß Technik mit Hilfe einer Grenze installiert wird, die den kontrollierbaren Kausalbereich vom nicht kontrollierbaren Kausalbereich trennt. Mit einigem Recht kann man daher auch von kausaler Schließung und strikter Kopplung von Ursachen und Wirkungen sprechen.
Alles klar? Wir sprechen über die historische Entwicklung von Technik, über deren gesellschaftliche Vorbedingungen früher und heute. Wir führen den ewigen Streit zwischen Natur- und Geisteswissenschaften fort, ziehen über Philosophen, Soziologen und Physiker her, fragen, wann ein Experiment ein Experiment ist und wo überhaupt Erkenntnisse herkommen. Überhaupt erfahren wir unheimlich viel über Technikgeschichte. Wir begeben uns in die Antike zur ersten Dampfmaschine des Heron von Alexandria und wundern uns darüber, dass die industrielle Revolution nicht viel früher einsetzte. Vor allem aber eskalieren wir in gegensätzlichen Positionen. Am Ende werden wir feststellen, dass Bedarf an einer weiteren Zusammenkunft besteht.
2:41 Begrüßung
10:59 Soziologie & Technik
13:40 Technikgeschichte
18:31 Technik heute
20:30 Technik als theologische Frage
26:34 Die Dampfmaschine
32:34 Problemverursacherin oder -löserin?
38:51 Geisteswissenschaften vs Naturwissenschaften
55:54 Luhmann fällt auf
56:55 Blenden Soziologen Naturwissenschaften aus?
57:57 Wann beginnt ein Experiment?
1:04:30 Technik in der Antike
1:09:02 Gibt es gegebene Wirklichkeit?
1:13:25 Wir eskalieren
1:14:32 Wir deeskalieren
1:20:30 Voraussetzungen der Erkenntnis
1:32:58 Wir eskalieren erneut
1:42:52 Reflexionen zu Podcasts
1:50:36 Verabschiedung
Links zur Sendung:
- Differentia Blog
- Was geht? Blog
- SoWi-Stammtischrunde mit Frank Wunderlich-Pfeifer
- SoWi-Stammtischrunde mit Klaus Kusanowsky
Diese Folge steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.
Musik:
“Off to Osaka”
Kevin MacLeod
Creative Commons Namensnennung Lizenz
Das Zitat zeigt doch ganz deutlich, dass Luhmann keine Ahnung von Technik hat. Man könnte auch sagen, dass die Technik Luhmanns Blinder-Fleck ist.
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Mensch, der Kusanowsky ist ja ein Unsympath erster Güte. Die ganze Diskussion ist irgendwie so wie Free Jazz – den Musikern bringt es sicherlich Spaß, aber zum Anhören ist das nix.
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Es wird sicherlich im vorgegebenen Thema „Technik“ begründet liegen, dass der Fokus des Gesprächs sich immer mehr auf die Frage nach der Nützlichkeit verengt. Besonders interessant finde ich aber, wie sich im Verlauf des Gesprächs die Forderung nach irgendeiner Form von Nützlichkeit auf die Interpretation der Ziele von Wissenschaft insgesamt auswirkt. Irgendwann schleicht sich der Begriff der Leistung mit ein, der anschließend zu einer Art Gradmesser für die Nützlichkeit einzelner Wissenschaftszweige avanciert. Diese Koppelung finde ich hoch interessant und höchst fragwürdig gleichzeitig. Aus welchem Horizont wird eine wissenschaftliche Leistung nämlich besonders? Ist es einfach das ganz Neue? Oder so etwas wie Gewichtigkeit des Erforschten für andere Bereiche? Ist eine Systematik der Käfer – wissenschaftlich gesehen – unwichtiger als Modelle zur Beschreibung von Kommunikation?
Oder ist so etwas wie Nützlichkeit oder Wichtigkeit oder dergleichen im Felde der Wissenschaften überhaupt fehl am Platze?
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Ob eine wissenschaftliche Arbeit wichtig ist, lässt sich m.E. wirklich erst im Nachhinein feststellen. Deshalb würde ich lieber von wissenschaftlicher Relevanz sprechen und meine, dass wird in der Scientific Community auch so gehandhabt. Nicht umsonst ist Relevanz ein Kritierium für Dissertationen. Wissenschaftliche Relevanz lässt sich gut feststellen: schließt die Arbeit eien Forschungslücke? Bringt sie grundlegend neue Erkenntnisse? Führt sie gar zu einem Paradigmenwechsel? Alles für die Wissenschaft relevant, ob aber wichtig, weiß letztlich keiner. Vielleicht erweist sich alles heute Relevante morgen als unwichtig.
Die Verquickung von Technik und Nützlichkeit im Gespräch, ist wohl tatsächlich dem Technikbegriff geschuldet, denn die scheint mir schon unter einem klareren Nutzenkalkül zu stehen als die Wissenschaft. Wissenschaftstheorie war diesmal nicht das Thema, auch wenn es imemr mal wieder aufblitzte.
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Eine sehr interessante Nachbesprechung dieser Folge findet Ihr beim 1968 – die Kritik Podcast: http://www.1968kritik.de/1968podcast/episode/folge7-1968kritik-mit-sms2sms-und-r33ntry-feat-kusanowsky-beim-sowistammtisch/
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Und hier die Nachbesprechung der NAchbesprechung https://differentia.wordpress.com/2015/10/16/oeffentlicher-vernunftgebrauch/
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Technik ist der Blinde Fleck der Geisteswissenschaft und Hans Blumenberg hat zu Recht von den Technikern gesagt, dass die Leute, die das Gesicht unserer Welt am stärksten bestimmen, am wenigsten wissen und zu sagen wissen, was sie tun.“
Deshalb erstaunt es mich nicht, dass hier, vermutlich geblendet von den Maschinen und Gadgets, ein viel zu enger Technikbegriff gewählt wird. Ich würde Vorschlagen an Husserl Technikbegriff anzuschließen.
Was Husserl Technisierung nennt, hat seinen Ursprung in einem Abstraktionsprozess, der in mehreren Stufen von der Mathematik der alten Griechen und der neuzeitlichen Physik verläuft. Technisierung ist für Husserl in erster Linie der Prozess der Selbstentfremdung der Wissenschaft. Sie hat den Weg der Formalisierung von der Anschauung bis zum Automaten zurückgelegt.
Heidegger provozierte in Anschluss an Husserl mit dem Satz, dass die Wissenschaft nicht denke. Der „Methoden-Sinn“ der Wissenschaft verdeckt ihren Ursprungssinn. Es geht hier um die Welt des bedenkenlosen Vollzugs, die von Kalkülen und Algorithmen bestimmt ist. Dieses Kalkül der Maschinenlogik beschreibt Luhmann in genauem Bezug auf Husserls Problemstellung. Die Maschinenlogik „regelt ein Operieren mit Symbolen, das vollzogen werden kann, ohne dass beim Vollzug der Sinn des Vollzugs, oder gar der Sinnhintergrund der Entscheidungsregeln berücksichtigt werden muss.“
Für diesen Sachverhalt hat Heiddeger den Begriff „Gestell“( phil. Seiendes ohne Sein“:=) geprägt. Luhmanns Systemtheorie ist die Selbstbeschreibung des Gestells. Mit Werkzeugen oder Maschinen hat das nichts mehr zutun. Man sieht, wohin die Reise geht.
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